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1EinleitungBibliotheken sind seit längerem in der Rolle eines zentralen Lern- und zunehmend auch Lehrorts innerhalb des wissenschaftlichen Infrastruktur-Systems etabliert.Siehe Stang, Richard, André Schüller-Zwierlein. „Bibliotheken und Erwachsenenbildung.“ In Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Hrsg. von R. Tippelt, A. von Hippel, 857–871. Wiesbaden: Springer, 2015. doi:10.1007/978-3-531-20001-9_40-1. Im Gegensatz zur reinen Literaturversorgung, die durch den gezielten Erwerb digitaler Medien und Dank erweiterter ZugangskonzepteBeispielsweise die Einführung der Ausleihe per Post an der Universität Eichstätt (https://www.ku.de/news/entgeltpflichtiger-buchversand, 25.10.2022) und der Bayerischen Staatsbibliothek (https://www.bsb-muenchen.de/recherche-und-service/anmelden-ausleihen-bestellen/medien-oder-kopien-bestellen/buchversand/), 25.10.2022). losgelöst von Lesesälen und Öffnungszeiten geleistet werden kann, bleibt der Lernort an einen physischen Raum gebunden. Die seit 2007 stetig zunehmenden StudierendenzahlenVgl. Statistisches Bundesamt. „Studierende an Hochschulen.“ Fachserie 11 – Bildung und Kultur, Reihe 4.1, Wintersemester 2021/2022. (2022), dort insbesondere Seite 6. haben die Nachfrage nach Lernflächen entsprechend befeuert. Auch pandemische Einschränkungen konnten dies nicht erschüttern: Während der Phasen hybrider und virtueller Lehre waren Bibliotheken vielerorts weiter zugängliche und – im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und trotz reduzierter Aufenthaltsqualität – gut frequentierte Lern- und Arbeitsorte.Bei Nutzenden, für die die Bibliothek einen Lernort darstellt, gibt es erfahrungsgemäß keine typische Verweildauer. Die Häufigkeitsverteilung der Aufenthaltsdauer variiert zwischen zwei und zehn Stunden nur moderat.Siehe beispielsweise Eissing, Annika. Lernort Fachbibliothek Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg: Evaluation des Lernortkonzepts durch Befragung der Studierenden. Hamburg: Bachelorarbeit HAW Hamburg, 2012. Dort insbesondere Seite 123. http://hdl.handle.net/20.500.12738/5582 (12.11.2022). Dies bestätigen auch Beobachtungen an der Universitätsbibliothek der FAU: Sowohl bei Gruppenarbeit als auch bei der Einzelarbeit dauern Lerneinheiten im Median vier bis sechs Stunden. Die Bibliothek hat für einen substantiellen Teil der Nutzenden die Stellung des primären Lernortes. Vor diesem Hintergrund ist es erstrebenswert, insbesondere Nutzenden, die über lange Zeiträume in der Bibliothek arbeiten, ein möglichst ergonomisches Umfeld anzubieten.2Gute Gelegenheit: bundesweite Initiative zur Bewegungsförderung an Universitäten und HochschulenIn Anlehnung an das gesamtuniversitäre Motto der FAU – Wissen bewegt – wurde dem Allgemeinen Hochschulsport im Herbst 2020 ein Antrag zur Teilnahme an der Initiative Bewegt studieren – Studieren bewegt! 2.0 bewilligt. Es handelt sich hierbei um eine gemeinsame Initiative der Techniker Krankenkasse (TK) und des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (adh), die auf eine Förderung von mehr Bewegung im Studienalltag abzielt.Weitere Informationen zur Initiative Bewegt studieren – Studieren bewegt! 2.0 sind auf der Webseite des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (adh) zu finden: https://www.adh.de/gesundheit/bewegt-studieren-studieren-bewegt/ (14.11.2022).Im Zuge dessen hat der Allgemeine Hochschulsport in Kooperation mit dem Projekt zum Gesundheitsmanagement an der FAU (FAUgesund) das Projekt FAUbewegt ins Leben gerufen.Nähere Informationen zu FAUbewegt sind auf der Projekt-Webseite zu finden: https://www.fau-gesund.fau.de/studierende/projekt-faubewegt/ (27.10.2022). Dieses hatte eine initiale Laufzeit von zwei Jahren und wurde bis Ende April 2023 verlängert.2.1Die Hauptgründe für lange Sitzzeiten im Studienalltag und die daraus abgeleiteten Ziele von FAUbewegtEiner der Hauptgründe für das sedentäre Verhalten von Studierenden im Studienalltag ist, dass die räumlichen Gegebenheiten an der FAU nur bedingt Bewegung und Aktivierung zulassen. Traditionelle Stühle und Tische führen dazu, dass Studierende sich beim Lernen in Lehrveranstaltungen, zuhause und in den Bibliotheken kaum bewegen. Ein weiterer bedeutsamer Grund ist auch, dass Sitzen in der universitären Lehre als sozial erwünschtes Normverhalten verstanden wird. Hinzu kommt, dass oft auch die Gesundheitsrisiken, die durch das täglich lange Sitzen entstehen, nicht bewusst wahrgenommen oder unterschätzt werden.FAUbewegt begegnet diesen Gründen, indem erstens auf eine Ausstattung mit bewegungsförderndem Mobiliar hingewirkt wird. Dies bietet den Studierenden die Möglichkeit, während der Lernphasen ihre Arbeitsposition zu wechseln. Die Nutzung eines solchen Mobiliars kann Bewegung während der Lernphasen fördern und die Konzentration stärken, ohne dabei den Lernfluss zu unterbrechen oder andere Studierende zu stören. Zweitens wurde ein Didaktik-Konzept Bewegtes Lehren und Lernen entworfen. Dieses richtet sich an Dozierende und umfasst Maßnahmen und didaktische Methoden für eine bewegte Lehre. Schließlich wird eine zielgruppengerechte Informationskampagne ins Leben gerufen, die auf die positiven gesundheitlichen und konzentrationsfördernden Effekte einer regelmäßigen Sitzzeit-Unterbrechung aufmerksam machen und so letztendlich eine Einstellungsänderung der Studierenden hervorrufen soll.Siehe Rupp, Robert, Chiara Dold, Jens Bucksch. „Sitzzeitreduktion und Bewegungsaktivierung in der Hochschullehre.“ die hochschullehre 23 (2019): 527–542. Dort insbesondere die Seiten 530–531. doi:10.3278/HSL1923W.Tab. 1: Hauptgründe für sedentäres Verhalten von Studierenden und die entsprechenden Projektbausteine von FAUbewegtHauptgründe für sedentäres Verhalten im UnialltagProjektbausteine von FAUbewegtFehlende Ausstattung mit dem bewegungsfreundlichen MobiliarSteh- und Bewegungsräume schaffenSitzen als sozial erwünschtes Normverhalten in der LehreDidaktik-Konzept Bewegtes Lehren und LernenMangelndes Wissen über GesundheitsrisikenInformationskampagneMit diesen drei Handlungsrichtungen setzt FAUbewegt sowohl an der Verhaltens- als auch der Verhältnisebene an, zielt also auf einen ganzheitlichen Ansatz ab. So wird der erste Projektbaustein Steh- und Bewegungsräume schaffen als verhältnispräventiver Ansatz verstanden. Der zweite Baustein Didaktik-Konzept Bewegtes Lehren und Lernen bedient – mit der Erarbeitung eines didaktischen Konzepts zur Integration von mehr Bewegung im Studienalltag – die Verhaltens- wie Verhältnisebene. Auf beiden Ebenen wirkt auch der dritte Projektbaustein Informationskampagne, der darauf abzielt, alle FAU-Angehörigen für Bewegung und ihre weitreichende Bedeutung für die Gesundheit und Lehre zu sensibilisieren, normatives Umdenken zu erreichen und einen Kulturwandel hin zu einer nachhaltigen Bewegungskultur an der FAU voranzutreiben.Vgl. Shrestha, Nipun, Katriina Kukkonen-Harjula, Jos H Verbeek u. a. „Workplace interventions for reducing sitting at work.“ Cochrane Database of Systematic Reviews 12 (2018): CD010912.Abb. 1:SWOT-Analyse Stärken der Bibliotheken in Bezug auf Steh- und Bewegungsräume2.2Übereinstimmende Ziele und die Kooperation mit der BibliothekIn ihrer Rolle als Lernort ist die Universitätsbibliothek ein natürlicher Kooperationspartner für FAUbewegt. Nach einer ersten Kontaktaufnahme wurde der Baustein Steh- und Bewegungsräume schaffen als vielversprechend identifiziert. Für den Prozess der Umgestaltung einzelner Bibliotheksräume wurde eine Arbeitsgruppe aus der Leitungsgruppe von FAUbewegt und Leitungskräften der Haupt-, Teil- und Zweigbibliotheken gegründet. Um den Studierenden bei der Maßnahmenplanung und -umsetzung gerecht werden zu können, wurde auch die Studierendenvertretung in die Arbeitsgruppe mit eingebunden.Die Arbeitsgruppe plante und setzte die Maßnahmen im Rahmen einer Kooperativen Planung um. Die Methode der Kooperativen PlanungSiehe hierzu insbesondere Rütten, Alfred. „Kooperative Planung und Gesundheitsförderung. Ein Implementationsansatz.“ Zeitschrift für Gesundheitswissenschaften 5 (1997): 257–272; sowie Gelius, Peter, Hans Peter Brandl-Bredenbeck, Holger Hassel u. a. „Kooperative Planung von Maßnahmen zur Bewegungsförderung.“ Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 64. (2021): 187–198. ist durch einen partizipativen Ansatz gekennzeichnet. Es handelt sich um ein moderiertes Beteiligungsverfahren, mit dessen Hilfe die verschiedenen Perspektiven der Zielgruppe und weiterer Stakeholder im gesamten Prozess berücksichtigt werden können. In der Kooperativen Planung haben die Beteiligten gemeinsam die Stärken und Entwicklungsfelder der Universitätsbibliothek benannt, Ziele gesetzt, Maßnahmen festgelegt und umgesetzt. Diese strukturierte Vorgehensweise ermöglichte es, dass eine gemeinsame Basis mit Zielen für die gesamte Universitätsbibliothek entstand und auch Synergieeffekte in den Bibliotheken identifiziert werden konnten. Im Sinne der Nachhaltigkeit können zukünftig weitere Standorte der Universitätsbibliothek von den Lessons Learned und Ergebnissen profitieren.Mithilfe einer vereinfachten (SWOT-)AnalyseDie Methodologie folgt weitgehend: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). „Die gute gesunde Kita gestalten. Stärken entdecken, Ziele setzen, Maßnahmen festlegen.“ 2. Auflage, 3. Band. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2012. https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/die-gute-gesunde-kita-gestalten-1 (25.10.2022). wurden die Stärken und Entwicklungsfelder benannt. Die kooperative Planungsgruppe ging der Frage nach, wo gegenwärtig die Stärken liegen, die sie für die Weiterentwicklung von Steh- und Bewegungsräumen in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg nutzen können. Die Ergebnisse sind in Abbildung 1 festgehalten.Im Anschluss wurden auch Hürden eruiert, die für die Weiterentwicklung von Steh- und Bewegungsräumen in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg bestehen, siehe Abbildung 2.Abb. 2:SWOT-Analyse Schwächen der Bibliotheken in Bezug auf Steh- und Bewegungsräume3Die drei prioritären Handlungsziele und erste UmsetzungAus dem Projektbaustein Steh- und Bewegungsräume schaffen erarbeitete die Arbeitsgruppe mehrere Handlungsziele, die das übergeordnete Ziel enger umreißen. Dabei lag der Fokus auf konkreten Maßnahmen und definierten Bedingungen, die für das Erreichen des Oberziels notwendig sind. Die drei prioritären Handlungsziele waren:Handlungsziel 1: Die Bibliotheksmitarbeitenden (insbesondere die Bibliotheksleitungen) sind für das Thema Bewegung und ihre weitreichende Bedeutung sensibilisiert und aktiviert.Handlungsziel 2: Für die Studierenden werden ergonomische Lernplätze in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg geschaffen und beworben.Handlungsziel 3: Es werden Möglichkeiten für bewegte Pausen zwischen den Lerneinheiten in der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg geschaffen und beworben.Handlungsziel 1 erfordert zunächst, ein initiales Bewusstsein für die Problematik auf allen Ebenen der Bibliothek zu schaffen und dieses dann durch regelmäßige Informationen und entsprechende Personal-Veranstaltungen nachhaltig zu stärken. Letztlich sollen so ergonomisches Arbeiten und auflockernde Pausen langfristig als gelebte Alltagspraxis etabliert werden. Daher wurde zuerst ein Informations- und Austauschtreffen von FAUbewegt mit den Leitenden der einzelnen Bibliotheksstandorte organisiert. Neben der reinen Sensibilisierung wurden hier auch konkrete Empfehlungen gegeben, wie die Teilnehmenden als Multiplikatoren vor Ort wirken können. Das Feedback und die Anregungen der Bibliothekarinnen und Bibliothekare an den einzelnen Standorten wird wiederum über die Bibliotheksleitung in die regelmäßigen Referate-Besprechungen eingebracht. Neben dem reinen Austausch wird so auch der Prozess der Verinnerlichung gestärkt.Im Gegensatz zur Aktivierung der Mitarbeitenden, die besonders in der Anfangsphase von kontinuierlicher Unterstützung profitieren, bot Handlungsziel 2 die Möglichkeit für zeitnah wirkungsvolle, direkte Maßnahmen. Insbesondere erfordert die Einrichtung ergonomischer Lernplätze keine grundlegende Änderung der Raumaufteilung in den Bibliotheksgebäuden und ist daher kurzfristig umsetzbar. Hier wurden Maßnahmen an zwei Standorten, der Technisch-naturwissenschaftlichen Zweigbibliothek und der Teilbibliothek Jura, geplant. Dort standen entweder Umbaumaßnahmen unmittelbar an oder waren erst kürzlich abgeschlossen worden, so dass diese Bibliotheken natürliche Kandidaten waren. Die beiden Standorte ermöglichten es auch, verschiedene Konzepte in der Praxis zu testen.3.1JuridicumDie Teilbibliothek Jura ist mit circa 300 Arbeitsplätzen und Öffnungszeiten von 8:00 bis 23:45 Uhr einer der zentralen Lernorte der FAU Erlangen-Nürnberg. Gleichzeitig ist die Dauer der individuellen Lern- und Arbeitseinheiten im Juridicum erfahrungsgemäß besonders lang2021 wurde dort beispielsweise bei der Einführung eines Platzreservierungssystems die zu kurze maximale Slot-Länge kritisiert. Daraufhin wurden Zeiteinheiten von acht Stunden eingeführt. und Klagen über den Bewegungsmangel in den Lernphasen sind nichts Ungewöhnliches.Bei der Bereitstellung von bewegungsfördernden Bibliotheksarbeitsplätzen wurde eine bereits seit vier Jahren in der Hauptbibliothek der FAU eingesetzte Lösung aus hölzernen Tisch-Aufsätzen der Firma Standsome in Betracht gezogen. Da bei der juristischen Arbeit üblicherweise mehrere aufgeschlagene Bücher, Kommentare, Gesetzestexte, Zeitschriftenbände sowie ein Laptop genutzt werden, wäre diese Lösung mit einer zu starken Verkleinerung der effektiven Arbeitsfläche einhergegangen. Daher orientierte sich die juristische Teilbibliothek bei der Gestaltung eng an einem in der Universitätsbibliothek Bayreuth erfolgreich umgesetzten Konzept für bewegtes Arbeiten. Im Ergebnis konnte diese Maßnahme bereits „eine signifikante Erhöhung der Sitzunterbrechungen [und] […] eine hohe Akzeptanz bei den Nutzenden“Vgl. Mann, David, Jessica Helten, Sascha W. Hoffmann u. a. „Bewegungsfördernde Bibliotheksarbeitsplätze an Hochschulen.“ Prävention und Gesundheitsförderung 16. (2021): 290–295. Dort finden sich auch weitere Details zum grundlegenden Konzept. nachweisen. Am Juridicum der FAU wurde lediglich auf eine zusätzlich bereitgestellte Sitz-Option mit fester Höhe verzichtet. Die sonstige Konfiguration der Arbeitsplätze – elektrisch-höhenverstellbare Arbeitstische (Active Office von aeris®), Waldboden-Fußmatten (muvmat von aeris®) und höhenverstellbare Sitze ohne Rückenlehne (muvman von aeris®) für assistiertes Stehen – wurden vom Vorbild übernommen.Insgesamt wurden auf zwei Etagen zehn Arbeitsplätze eingerichtet. Dabei wurden die Tische für bewegtes Arbeiten aufgrund von Arbeits- und Brandschutzauflagen selbst statisch miteinander verbunden. Hierfür wurden von der Werkstatt der technischen Fakultät maßgeschneiderte Halterungen konstruiert, die die Tische in Zweiergruppen fixieren und dafür sorgen, dass zwischen den beiden unabhängig voneinander höhenverstellbaren Tischen der Sicherheitsabstand gewahrt bleibt. Zudem wurde die Elektrik bedarfsgerecht umgebaut, sodass die Stromversorgung über zwei Steckdosen und einen USB-Charger auch an diesen ergonomischen Arbeitsplätzen sichergestellt ist.3.2Technisch-naturwissenschaftliche Zweigbibliothek (TNZB)Die TNZB versorgt den Südcampus der FAU mit Literatur und Lernplätzen. In drei Lesesälen stehen insgesamt 390 Arbeitsplätze zur Verfügung. Im Rahmen einer bereits länger geplanten Teilerneuerung des Mobiliars konnten hier zusätzlich 16 ergonomische Einzelarbeitsplätze eingerichtet werden. Neben sowohl elektrisch oder mittels Gasdruckfedern höhenverstellbaren Tischen (Marke TALO.S® von König+Neurath) im üblichen Lesesaal-FormatSiehe DIN e. V. (Hrsg.). „Bau von Bibliotheken und Archiven.“ DIN 67700:2017-5. Berlin: Beuth Verlag, 2017. Kapitel 6.4.3. von 120 cm auf 80 cm wurden auch passende verstell- und neigbare StehhilfenZur Funktionsweise und Vorteilen von Stehhilfen siehe beispielsweise: Windberg, J.-H., U. Rademacher. „Verwendung von Stehhilfen. Entlastung an Steharbeitsplätzen.“ Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse. Forschungsergebnisse für die Praxis 54 (1988): 1–8. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/AWE/AWE54.html (28.11.2022). (Marke ERGO® von LÖFFLER) und, um den Nutzenden die Wahl zu lassen, klassische Kufenstühle bereitgestellt. Die Option, anstelle der Stühle etwa ergonomische Sitzbälle anzubieten, wurde aus praktischen Gründen verworfen. Mit den Bällen bestand zum einen das Risiko, dass diese mit der Zeit vor Fluchttüren und in Bereiche mit Treppen wandern oder rollen. Zum anderen sind die Bälle schlicht nicht stapelbar und benötigen damit zusätzliche Lagerfläche, falls der Bibliotheksbereich temporär für einen anderen Zweck genutzt werden soll.Um insbesondere die Akzeptanz, das Nutzungsverhalten und Verbesserungswünsche der Lernenden besser erfassen zu können, wurde an der TNZB von 7. bis 17. März 2022 eine Umfrage durchgeführt. Der Fragebogen wurde gemeinsam mit Mitarbeitenden aus Sportwissenschaft und Bibliothek entworfen. Neben Fragen zum Nutzungsverhalten und dem Komfort der Arbeitsplätze wurde auch abgefragt, wie Lernende das bewegte Lernen anderer wahrnehmen, beispielsweise, ob die vermehrte Wahrnehmung von Bewegung im Sichtfeld die Konzentration beeinflusst. Insgesamt nahmen 50 Personen an der Umfrage teil.Die für zukünftige Maßnahmen besonders relevanten Erkenntnisse sind:Die überwiegende Mehrheit der Nutzenden wechselt während einer Lerneinheit mehrfach aktiv vom Stehen ins Sitzen und umgekehrt. Dabei wird nur in Ausnahmen überhaupt auf die Option „Stuhl“ zurückgegriffen.Bewegtes Lernen/Arbeiten wird auch bei der relativ engen Aufstellung der Tische (meist in Paaren mit einem fixierten Abstand von 12 cm aufgestellt) an der TNZB nicht als störend wahrgenommen.Die bei elektrisch verstellbaren Tischen üblichen Tischhöhen (hier zwischen 68 cm und 118 cm) werden als ausreichend angesehen. Bei den Stehhilfen sollten aber in geringer Zahl auch Modelle für besonders große und kleine Körpergrößen bereitgestellt werden.Grundsätzlich besteht seitens der Nutzenden der starke Wunsch, dass das Angebot auch auf andere Lesesaal-Bereiche erweitert wird. Da die Umfrage unter den Nutzenden der Tische stattfand, ist dies wenig überraschend. Allerdings wurde in der Umfrage auch angemerkt, dass die Tische zu oft vollständig belegt sind, was auf eine entsprechende Nachfrage schließen lässt.4Nächste SchritteParallel zur Erweiterung der Bibliothekseinrichtung um bewegungsförderndes Mobiliar hat sich die Arbeitsgruppe auch mit dem Handlungsziel 3 befasst. Dieses zielt auf die Schaffung und Bewerbung von Möglichkeiten für bewegte Pausen zwischen den Lerneinheiten in der Universitätsbibliothek ab.Als erste darauf abzielende Maßnahme ist ein Bewegungspfad als Rund-Parcours im Außengelände des Juridicums geplant (siehe Abbildung 3). Ob allein oder in Gruppen: Die Studierenden – und auch weitere Bibliotheksgäste und Mitarbeitende – sollen bereits im Frühjahr 2023 den Bewegungspfad für eine gesunde und bewegte Pause im Freien nutzen können.Auf Basis eines bereits bestehenden Angebots von FAUgesund (FAU Erlangen-Nürnberg Pausenexpress) wurden zehn einzelne Übungen für den Bewegungspfad ausgewählt. Diese umfassen drei Übungen zur Mobilisation, vier zur Kräftigung, zwei Dehnübungen und eine Entspannungsübung. An den zehn Stationen werden Informationstafeln mit QR-Codes angebracht, die auf Videoausschnitte der einzelnen Übungen verweisen. Interessierte können die Videos per QR-Code mit ihrem Smartphone aufrufen. Das Durchlaufen des Bewegungspfads inklusive der zehn Einzelübungen dauert circa 25 Minuten, kann aber individuell an die zeitlichen Ressourcen und persönlichen Möglichkeiten angepasst werden.Ähnliche Angebote bestehen beispielsweise an der Unversität Bayreuth in Form des CompusActivePfads (https://www.bgm.uni-bayreuth.de/de/Studierende/Massnahmen/campus-aktiv-pfad/, 27.10.2022) oder mit dem Mainauen-Fitness-Parcours (https://www.mwg-bayreuth.de/Mainauen-Fitness-Parcours.html, 27.10.2022).Der Bewegungspfad ist so konzipiert, dass er in alltäglicher, bequemer Kleidung (zumindest flache Schuhe) begangen werden kann und keine zusätzlichen Hilfsmittel benötigt werden. Außerdem wurde bei der Konzeption darauf geachtet, dass die einzelnen Stationen von der Straße sowie vom Gebäude aus nicht direkt einsehbar sind, sondern durch Bäume oder Hecken geschützt sind und eine gewisse Privatsphäre bieten. Inwieweit die Studierenden das Angebot in Anspruch nehmen, wird sich in der Pilotphase im Frühjahr 2023 zeigen.Von den bisher und in Zukunft gesammelten Erfahrungen in den Handlungsfeldern 2 und 3 wird insbesondere die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Zweigbibliothek (WSZB), mit 550 Lernplätzen die größte Zweigbibliothek des Bibliothekssystems der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, profitieren. Die WSZB versorgt circa 6 000 Studierende sowie die Nürnberger Stadtgesellschaft mit wissenschaftlicher Literatur und einer Infrastruktur zum Lernen und Arbeiten. Im Rahmen einer Sanierungsmaßnahme stehen Ersteinrichtungsmittel für die beiden Altbau-Lesesäle bereit, die von 2023 bis spätestens 2025 für neues bewegliches Mobiliar für die Bibliotheksräume verausgabt werden können. Das Thema bewegte Bibliothek kann hier in größerem Maßstab angegangen werden.Bereits im Vorfeld wurden von den Studierenden am Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verschiedene Ideen für die Neueinrichtung der Bibliothek im Rahmen der Lehrveranstaltung Organizational Creativity des Lehrstuhls für Industrielles Management im Wintersemester 2020/2021 entwickelt. Eines der zentralen Desiderate waren abwechslungsreiche Sitz- und Bewegungsmöglichkeiten in der Bibliothek.In einem zweiten Schritt wurden die Vorschläge mit den externen Rahmenbedingungen, wie vorhandenen Mitteln, der gegebenen Raumaufteilung und den bestehenden Anforderungen an die Lernumgebung, die u. a. auch stille Lernszenarien unterstützen soll, abgeglichen. Es ist geplant, bei der Neueinrichtung in Ergänzung zu den klassischen Kufenstühlen verschiedenartige Sitzmöbel, so auch Bürodrehstühle, Sofas und Sessel zu beschaffen. Dies eröffnet Nutzenden die Möglichkeit, beim Sitzen unterschiedliche Körperhaltungen einzunehmen. Die 1,80 m auf 0,80 m großen Arbeitstische werden um Stehtische mit Stehhilfen ergänzt. Hierbei werden besonders auch die Erfahrungen mit ergonomischen und bewegungsfördernden Lösungen an der TNZB und der Teilbibliothek Jura berücksichtigt. Zusätzlich werden höhenverstellbare Schreibtischaufsätze zum Einsatz kommen, mit denen man den klassischen Arbeitsplatz schnell zum Stehschreibtisch umfunktionieren kann.Abb. 3:Geplanter Bewegungspfad am Juridicum (Quelle: Zugrundeliegende Karte von OpenStreepMap, https://www.openstreetmap.org/copyright)5FazitBewegungsmangel und falsches Sitzen gelten als Risikofaktoren für Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht oder Haltungsschäden.Siehe Gesundheitsberichterstattung des Bundes: https://www.gbe-bund.de/gbe/, unter Zivilisationskrankheiten (25.10.2022). In einem modernen Studienalltag, in dem Vorlesungen, Seminare, Übungen, Nachbereitungsphasen und virtuelle Tutorien oft dicht aneinandergereiht sind, besteht die Gefahr, dass sich bereits zu Beginn des Erwachsenenalters falsche Verhaltensmuster ausbilden, wenn den Studierenden keine ausreichenden Möglichkeiten für aktivierende Maßnahmen und bewegtes Arbeiten zur Verfügung stehen.Bibliotheken stellen an vielen Hochschulen einen der zentralen Lern-, Arbeits- und Aufenthaltsorte dar. Im Gegensatz zu Hörsälen, deren Bauweise meist auf bestmögliche akustische und visuelle Wahrnehmbarkeit der Dozierenden ausgelegt ist, können Bibliotheken aber verhältnismäßig einfach bewegungsfördernde Maßnahmen ergreifen.An der FAU war die Unterstützung durch die Initiative FAUbewegt bei diesem Thema von großer Bedeutung. Gemeinsam mit Fachpersonal aus den Sportwissenschaften konnten so basierend auf den Stärken der Bibliothek die meistversprechenden Maßnahmen herausgearbeitet werden. Neben dem Schaffen von Awareness unter Nutzenden für die Problematik sind vor allem ergonomische Lernplätze und Angebote für bewegte Pausen low hanging fruits. Insbesondere bei bewegten Arbeitsplätzen existieren bereits verschiedene Umsetzungen an Bibliotheken, die entsprechende Inspiration bieten. Bei Angeboten für bewegte Pausen, wie etwa Bewegungsparcours, stellt die fachliche Unterstützung einen unschätzbaren Mehrwert dar. Diese Angebote sollten zum einen an die individuelle Situation vor Ort angepasst werden. Zum anderen muss ein aus sportwissenschaftlicher Sicht ausgewogenes Übungsspektrum gewählt werden.Anfängliche Sorgen, dass entsprechende Maßnahmen, die mit einer gewissen finanziellen Investition einhergehen, nicht angenommen werden, stellten sich schnell als unbegründet dar. Die Studierenden nehmen die Angebote gut an und tragen Verbesserungs- und Erweiterungsvorschläge an die Bibliothek heran. Diese können aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen nicht alle zeitnah und umfassend realisiert werden. Die Nachfrage zeigt aber, dass die ergonomische Ertüchtigung von Lesesälen analog zur Schaffung eines Bewusstseins für die Risiken mangelnder Bewegung eine feste Aufgabe für Hochschulen im Allgemeinen und ihre Bibliotheken im Speziellen sein wird.
ABI-Technik – de Gruyter
Published: Feb 1, 2023
Keywords: Bibliothekseinrichtung; Ergonomie; Lernumgebung; library furniture; ergonomics; learning environment
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