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Nationalbibliothek Luxemburg – ein ambitioniertes Bauprojekt

Nationalbibliothek Luxemburg – ein ambitioniertes Bauprojekt 1EinleitungDie Nationalbibliothek Luxemburg (Bibliothèque nationale du Luxembourg, BnL) ist die wichtigste Patrimonial-, Wissenschafts- und Forschungsbibliothek Luxemburgs. Sie sammelt und bewahrt alle in Luxemburg erschienenen analogen und digitalen Publikationen sowie im Ausland veröffentlichten Werke mit Bezug zum Großherzogtum. Als Wissenschafts- und Forschungsbibliothek hat sie den Anspruch einer Fachbibliothek: Etwa drei Viertel ihres Druckbestands stammen aus dem Ausland und decken zahlreiche Wissensgebiete ab, um so den Erwartungen der Benutzer so weit wie möglich entsprechen zu können.QR Code auf Präsentationsvideo auf Deutsch: https://www.youtube.com/watch?v=ZvSuFGSUEWM. Weitere Informationen und Erläuterungen über das neue Gebäude der Nationalbibliothek Luxemburg kann man online nachlesen: https://bnl.public.lu/fr/publications/presentation-bnl/nbnl.html (22.11.2021).1798 wurde die „Bibliothèque de l’École centrale“ von der französischen Regierung auf der Grundlage der Verwaltungsentscheidungen des 15. April und 29. Juni 1798 gegründet. 1899 wurde sie im Budgetgesetz offiziell „Bibliothèque de Luxembourg“ genannt. 1958 wurde das erste Rahmengesetz für die Nationalbibliothek verabschiedet, der Umzug ins alte Athenäum wurde beschlossen sowie die Pflichtabgabe eingeführt.Ab 1973 war die BnL im renovierten ehemaligen Athenäum neben der Kathedrale Notre-Dame am Boulevard Roosevelt in der Hauptstadt untergebracht. Nur zehn Jahre später war sie bereits zu klein: Die Lesesäle, die nach dem Vorbild klassischer wissenschaftlicher Bibliotheken gestaltet waren, boten nicht genügend Arbeitstische und es fehlte an Regalfläche für Bücher.Abb. 1:Foto-Postkarte 17314r, altes Gebäude (Unbekannter Künstler)Das Projekt zum Bau der neuen Nationalbibliothek war ein langwieriges Unterfangen, das mit dem Gesetz vom 18. April 2013, das den Bau eines neuen Gebäudes für die BnL genehmigte, zu einem glücklichen Ende kam. Alle Magazine, die durch Platzmangel jahrelang über mehrere Standorte verstreut waren, konnten nunmehr an einem einzigen Standort vereint werden. Das neue Gebäude sollte den funktionalen Anforderungen an eine Nationalbibliothek des 21. Jahrhunderts entsprechen und die bestmögliche Umgebung für Sammlungen, Benutzerinnen und Benutzer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten.Abb. 2:BnL Längsschnitt, BOLLES+WILSON GmbH & Co. KG2Aktueller StandortDie Bibliothek befindet sich in einer Schnittstelle zwischen dem Stadtteil Neudorf und dem zentralen Kirchbergpark in Luxembourg-Stadt. In unmittelbarer Nähe befinden sich Einkaufszentren, ein Multiplex-Kino, zahlreiche Finanz- und Treuhandgesellschaften, Wohnungen sowie die Europaschule, die Universität und das Sportzentrum Coque. Eine Straßenbahnhaltestelle direkt vor dem Gebäude schließt die Bibliothek an das öffentliche Verkehrsnetz an.Hin zur Hauptverkehrsader, dem Boulevard Konrad Adenauer, ist das Gebäude deutlich nach hinten versetzt und schließt seitlich mit einer Grünfläche mit Bäumen und Bänken ab.3Stichdaten des BausApril 2013: Gesetzentwurf für den NeubauJuni 2014: Erster SpatenstichMärz 2015: Anfang der RohbauarbeitenJanuar 2017: Anfang der TechnikinstallationenJuni 2017: Anfang der AusbauarbeitenApril 2019–August 2019: Umzug der Sammlungen30. September 2019: Eröffnung4Grundprinzipien des GebäudekonzeptesDas neue Bibliotheksgebäude folgt einigen Grundprinzipien, die während des Planungsprozesses nie aus den Augen verloren wurden:Transparenz: die Benutzung der Bibliothek soll intuitiv und offen sein, um Benutzerinnen und Benutzern das Auffinden und die Nutzung zahlreicher Ressourcen zu erleichtern.kurze Wege und optimierte Workflows: Dieser doppelte Grundsatz hat weitgehend die Gestaltung der Räumlichkeiten bestimmt.Flexibilität war ein weiteres Schlüsselwort in der Planung: Flexibilität der Nutzenden bei der Wahl der Lesemethoden. Flexibilität für die Zukunft: Da niemand mit Sicherheit vorhersagen kann, wie Bibliotheken in den kommenden Jahrzehnten funktionieren werden, hat sich die BnL darum bemüht, ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit zu garantieren. Der offene Raum und die Doppelböden des Lesesaals im zweiten und dritten Stockwerk ermöglichen umfangreiche Anpassungen an die Gestaltung des Lesesaals (Umgestaltung der Regale und Tische).5ArchitekturDie Architektur der neuen Nationalbibliothek sollte in erster Linie als eine großzügige räumliche Sequenz verstanden werden, von der Ankunft, über den Treppenanstieg entlang den Leseterrassen, die wie in einem Weinberg gestaltet sind, bis zum großen Lesesaal auf der dritten Ebene, von wo aus sich die gesamte innere landschaftliche Topographie der Bibliothek visuell erfassen lässt.Großformatige vorgefertigte Betonpaneele geben dem Gebäude seine monolithische Identität, eine betonte Solidität und eine körperhafte Präsenz, um die kulturelle Institution von den ephemeren gläsernen Bürotempeln, welche die Avenue J. F. Kennedy säumen, optisch abzusetzen.Abb. 3:Modell der Bibliotheque, BOLLES+WILSON (Foto: Marcel Strainchamps/Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 4:Weiß glasierte Akustikklinker und mikro-perforierte Holzpaneele für exzellente Schallabsorption (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Massive Leibungen aus weißen Betonfertigteilen haben die syntaktische Rolle, die Fenster und den gigantischen, konischen Eingangsausschnitt zu artikulieren. Durch den schräg geneigten Überhang des Daches ergibt sich ein großzügiges „Vordach“ als Witterungsschutz. Dem monumentalen Maßstab dieser Eingangsgeste lag die Idee zugrunde, Besucherinnen und Besucher direkt von der Tramhaltestelle über die transparente Eingangsfront in das Bibliotheksinnere hereinzulocken.Für die Farbigkeit und Materialität der Fassade wurden regionale und ortsspezifische Bezüge aufgenommen und thematisiert. So wurden die erkennbaren Variationen des Rottons der einzelnen Paneele für eine sinnliche räumliche Haptik allein durch unterschiedliche Oberflächenbehandlungen erzielt: wassergestrahlt, sandgestrahlt, säurebehandelt. Die verschiedenen Rottöne spielen zudem auf die Erzvorkommnisse in der Minette-Region und die Industriegeschichte Luxemburgs an.Die Front des neuen Cafés, das sowohl vom Foyer wie auch vom Vorplatz zugänglich ist, wird von Intarsien aus verschiedenfarbigen, geschliffenen Natursteinen gerahmt, welche einen soliden und haptischen Vorhang bilden. Die Gestaltung des Vorplatzes setzt sich ebenerdig und barrierefrei in das Foyer fort, Innen und Außen sind visuell fließend und niederschwellig miteinander verbunden.Gestaltet wie ein städtischer Platz aus umgebenden Wänden mit Fenstern, ist das Foyer Dreh- und Ausgangspunkt für viele Funktionen: Aufenthaltsort mit Informationstheke, Buchrückgabe, Eingang zum Lesesaal, Garderobe, WC, Café sowie Zutritt zum Konferenz-, Seminar- und Ausstellungsbereich über Aufzug oder eine spektakulär konstruierte, freistehende Treppe – eine mit warmem Eichenholz verkleidete Skulptur.Leichte Orientierungsmöglichkeiten und kurze Wege für Besucherinnen, Besucher und Personal waren oberstes Gebot für die Grundrissplanung. Die Architektur sollte selbsterklärend sein und die Besucherinnen und Besucher intuitiv durch die Leselandschaft führen.Anders als bei gestapelten Geschossen bietet das Raumkontinuum aus Lesesaal, Leseterrassen und seitlichen Galerien sowie dem Foyer größte Übersichtlichkeit und selbstverständliche Orientierung. Diese wird durch ein eigens für die Nationalbibliothek entworfenes Leitsystem ergänzt. Das Stecksystem aus modularen Schriftwürfeln, das immer wieder angepasst werden kann, erinnert konzeptuell an die Setzkastentechnologie des frühen Buchdrucks. Tafeln an den Außenwänden der Regalreihen weisen systematisch auf die jeweiligen Inhalte hin, während große Hinweistafeln an den Treppen und strategisch platzierte freistehende oder von der Decke abgehängte Wegweiser zu den einzelnen Abteilungen, aber auch zu wichtigen Punkten wie Ausleihe, Rückgabe, Auskunft, zu sämtlichen weiteren an den Lesebereich angedockten öffentlichen Räumlichkeiten sowie zu den Sanitärbereichen, Aufzügen und Fluchttreppen führen.Abb. 5:Großzügige Lese- und Arbeitsplätze (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 6:Blick zum Eingang (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 7:Die Hausecke bildet einen Turm (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 8:Wegweiser im Stecksystem (Foto: Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)Im Foyer führen Wegweiser zu den Räumen, die auch unabhängig von den Öffnungszeiten des Lesebereiches betrieben werden können: Garderoben, Sanitäranlagen und Café im Erdgeschoss, Ausstellungsraum im ersten sowie Konferenzzentrum im zweiten Obergeschoss.Der Ausstellungsraum hat aus konservatorischen Gründen kein Tageslicht. Sein Zuschnitt ist speziell winkelförmig, so dass die Ausstellungen in einer Art Schleife verfolgt werden können. Die technische Raumausstattung ist flexibel für variable Ausstellungskonzepte ausgelegt.Das Konferenzzentrum besteht aus einem großen in zwei Säle teilbaren Konferenzraum mit ca. 200 Sitzplätzen sowie vier Seminarräumen, davon einem mit ansteigenden Sitzreihen und zwei mit verglasten Öffnungen, die einen Blick in den Lesesaal ermöglichen.Abb. 9:Blick in die Ausstellung „BnL – autoportrait d’une bibliothèque“ (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)5.1InnenraumDas Gefühl von Komfort – thermisch, visuell und akustisch durch viel Tageslicht, optimierte Belüftung und thermische Behaglichkeit – wird wirkungsvoll unterstützt durch Materialien, Farben und die Möblierung des Innenraums. Die Leseterrassen sind mit Eichenholzpaneelen verkleidet, viele mit einer kaum sichtbaren Mikroperforierung zur Optimierung der Akustikerfordernisse. Hölzerne Wände, Treppen, Einbauregale und Brüstungsarbeitsplätze, die jede Leseterrasse begleiten, strahlen eine warme Materialität aus.Der flächendeckend dunkelblaue Teppichboden unterstützt die angemessen absorbierende Raumakustik – weiß selbstleuchtende Regale „schwimmen“ auf diesem See aus blauer Farbe. Ihr Sockel ist ebenso blau und dient gleichzeitig als Lüftungsauslass.Ein weißes, weitgespanntes Dach schwebt wie eine niedrig hängende Wolke über dem Lesesaal. Seine Unterseite wird durch nach Norden orientierte dreieckige Oberlichter punktiert. Geometrische Paneele aus energetisch wirksamem PCM-Material und Gitterrosten erlauben Raumluftzirkulation zwischen den Trägern der gewaltigen laminierten Holzträgerkonstruktion, so dass auch diese als Speichermasse für die natürliche Nachtauskühlung genutzt wird.Im Herzen der Bibliothek befindet sich der leuchtend rot gestaltete Rara- und Handschriftenlesesaal zur Konsultation besonders wertvoller Dokumente. Er verfügt zum Schutz der Bücher über ein eigenes Raumklima. Carrels als Arbeitsräume für kleine Gruppen sind in die Seitenmauern des Lesesaales eingebettet. Ihre teilweise kurvigen Wände wurden für ein offenes Raumgefühl in einem luftigen Himmelblau gestaltet.Tische sind generell in Weiß gehalten und mit verschiedenen Anschlüssen für elektronische Geräte ausgestattet. Stühle und Sessel zum Arbeiten und Lernen, zum bequemen Lesen und zum Relaxen folgen einem sorgfältig abgestimmten Farb- und Nutzungssystem. Sie unterstützen die Strategie, dass jeder und jede Einzelne seinen oder ihren idealen Platz finden soll, ob auf einem aufrechten Stuhl oder einem weichen Sessel, ob er lieber allein oder in Gesellschaft lesend, ob mit Blick in die Natur oder lieber am Rand der Leseterrassen mit einem weiten Blick in den Raum.5.2Besonderheiten des BausDas Besondere am Bau der neuen Nationalbibliothek sind die Choreografie und der Charakter der Räume im Inneren. Sie sind als eine Folge von Atmosphären entworfen, die sich offenbaren, während eine Nutzerin oder ein Nutzer die Regale oder die Leseebenen erforscht. Dies ist kein Gebäude, das sich mit einem einzigen strukturierenden Prinzip erklärt, vielmehr ist es ein reichhaltiges „Menü“, das erst bei mehreren Besuchen in seinem ganzen Ausmaß erfahren wird. Das Menü besteht in erster Linie aus einzelnen Stationen, den Orten, wo eine Bibliotheksbesucherin oder ein -besucher sitzt, um ein spezielles Buch zu studieren, und ab und zu die Augen wandern lässt, um das Panorama dieses choreografierten Interieurs zu scannen.Abb. 10:Blick auf die Leseterrassen und den Speziallesesaal (rot) (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Highlight: Transparenz des LesesaalsAuf den ersten Blick kann man den gesamten Raum erfassen: rechts, den abgesenkten Lesebereich mit der breiten Rampe, den halbhohen Regalen und den ähnlich einer Blumenwiese angeordneten Leuchten, links die lange weiße Informationstheke, geradeaus die große Haupttreppe, die sämtliche Bereiche mit Informationstheken, Bücherregalen und Leseplätzen verbindet. Die Leseplätze sind einerseits entlang der Fassade angeordnet, je nach Ausrichtung mit Blicken nach außen auf die Dachterrasse und zum jenseitig gelegenen Landschaftsrücken des Park Grünewald oder zum seitlichen Grünbereich.Andererseits befinden sich Lesemöglichkeiten zwischen den Regalreihen oder an den Brüstungen der Leseterrassen. Alle können für sich einen Platz finden – zurückgezogen und intim oder exponiert und mitten im Geschehen. Es gibt Arbeitsplätze mit und ohne Computer, für Einzelpersonen oder Gruppen sowie Carrels, einzelne akustisch isolierte Räume zum konzentrierten Arbeiten für 4–6 Personen.Die große Anzahl an Regalen erlaubt der Nationalbibliothek ein Maximum von bis zu ca. 210 000 Dokumenten direkt zugänglich zu machen. Die Regalreihen sind grundsätzlich so angeordnet, dass sie die leichte Orientierung unterstützen, die der große zusammenhängende Bibliotheksraum bietet. Wie in einer Stadt gibt es breitere und schmalere „Straßen“ und kleinere oder größere, manchmal überraschende Aufweitungen zu „Plätzen“ zum Lesen und Lernen. Die voranschreitende Digitalisierung bedeutete nicht nur technologisch, sondern auch inhaltlich eine große Herausforderung an die Planung der Bibliothek. Es war daher essenziell, zukünftigen Entwicklungen durch eine möglichst hohe geplante Flexibilität Raum zu geben. Aufgrund der rasanten digitalen Entwicklung wurden im Laufe des Ausführungsprozesses nachträglich eine Vielzahl an Wifi-Antennen an den Regalen, in den abgehängten Decken und an der Fassade angebracht.Abb. 11:Großer Stützenkopf (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 12:Carrel und Lesetisch für Gruppenarbeit (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Die Magazine sind streng funktional geplant. Gepuffert durch ein umlaufendes Gangsystem sind sie klimatisch gegenüber dem Rest des Gebäudes und dem Außenraum abgeschottet und weitestgehend vom Außenklima abgekoppelt. Konstante Luftfeuchte und Temperatur garantieren den langfristigen Erhalt der teils wertvollen Bestände.Highlight: BrandschutzkonzeptDas umgesetzte Brandschutzkonzept zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Statt aufwändiger Technik wurde hier eine sinnvolle Kombination aus baulichen und technischen sowie auch organisatorischen Maßnahmen gewählt. Die fünf Magazingeschosse wurden in jeweils 11 Kompartimente unterteilt, um einen eventuellen Brand auf eine Fläche von ca. 200 m2 zu begrenzen, ohne dass dieser auf andere Kompartimente übergreifen kann. Des Weiteren wurden zur Reduzierung der Brandentstehung alle kritischen technischen Komponenten in den Flurbereich verlegt. Zusätzlich wurden die Installationen so eingerichtet, dass sich die Beleuchtung sowie die Steckdosen erst anschalten lassen, wenn der Raum durch die elektronische Zugangskontrolle entsperrt wird.5.3LichtkonzeptDie Lichtplanung stellte eine große Herausforderung dar. Da das große Dach über dem Lesesaal aus Holz gebaut ist und aus Brandschutzgründen keine Beleuchtungsinstallation und auch sonst keine Führung von Lüftungskanälen in der riesigen Decke des Lesesaales möglich waren, musste die gesamte haustechnische Installation grundsätzlich von unten aus dem Doppelboden erfolgen.Die Beleuchtung der einzelnen Regalfachböden der Metallregale, die Ausleger an den Einbauregalen aus Holz, die weißen Glasleuchten auf den Regalen, die treppenbegleitende Handlaufbeleuchtung bis hin zu den Lesetischleuchten wurden gemeinsam mit Leuchtenherstellern speziell für die Nationalbibliothek entwickelt und produziert. Architektur und Licht werden so zu einem großen Ganzen geformt. In Zusammenarbeit mit Lichtarchitekt Walter Moggio haben BOLLES+WILSON die Tages- und Kunstlichtplanung zu einem technologiebeständig präzisen Lichtkonzept erarbeitet, das flexibel die zukünftigen Layoutänderungen mit digitalen Anpassungen aufnehmen kann.Betrachtungspositionen und -winkel sowie Leuchtenhöhen bestimmen die räumliche Tiefe und beeinflussen die Wahrnehmung. Die intendierte Überschaubarkeit bestimmt das Verständnis für den architektonischen Raum. Um Aufmerksamkeit zu wecken, wird das subjektive Helligkeitsempfinden im Blickfeld bewusst erhöht, ohne die menschliche Wahrnehmungshierarchie zu stören. Die behutsam und mit zurückhaltender Selbstverständlichkeit abgestimmte raumübergreifende szenische Beleuchtung taucht den Innen- und Außenraum in ein einladendes Licht ein.Abb. 13:Offener Lese- und Lern-Raum zur Grünanlage (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 14:Unterste Ebene: die „Blumenwiese“ (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 15:Die oberste Ebene mit Blick auf die Außenterrasse (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 16:Die Straßen zwischen Regalen (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Auf Grund der optimierten Tageslichtnutzung kann das Kunstlicht sich dem kostenlosen Tageslicht im Sinne eines ausgeprägten ökologischen und ästhetischen Bewusstseins unterordnen. Die überdurchschnittlich hohe Tageslichtautonomie im terrassierten Leseatrium durch die nach Norden ausgerichteten Oberlichter wirkt harmonisch im Zusammenhang mit dem Kunstlicht. Dieses Zusammenspiel von Tages- und Kunstlicht bringt zudem einen wertvollen Beitrag zur Energiediskussion und Baukultur.Fein abgestimmte Leuchten mit neuester LED-Technologie bespielen Boden, Wand und Decke: direktes und indirektes Licht in einer einträchtigen Komposition, immer unter Einbezug des reflektierenden Lichtes der Oberflächen und des „bewegten“ Tageslichts. Das Auge nimmt ohne Direkt- oder Reflexblendungen die feinen Helligkeitsunterschiede und Beschaffenheiten der Oberflächen wahr. Der Raum wirkt freundlich und einladend und lädt zum Verweilen ein. Die Übergänge sind fließend, ohne visuelle Störungen: von der großzügigen Eingangshalle bis hoch zur obersten Lese-Etage.Ein automatisiertes szenisches Licht veredelt die Raumstimmung: poetisch, stimmungsmäßig, ästhetisch, beeinflusst substanziell die Energieeffizienz und schafft eine hohe Betriebs- und Unterhaltsfreundlichkeit. Es erfüllt die Nutzerbedürfnisse, leitet, unterstützt und verbindet Räume, Raumfolge, Farbe, Struktur und Oberfläche. Art, Helligkeit, Position und Verdichtung der Leuchten erzielen die jeweilige gewünschte Atmosphäre sowie das Lichtniveau.Highlight: RegallichterEine besondere Aufmerksamkeit wurde dem Regal- und dem Leselicht geschenkt. Das Regal bildet ein wichtiges wiederkehrendes Raumelement und übernimmt auch die Aufgabe der Allgemeinbeleuchtung. Das Leselicht – als klassisches Bibliothekselement – orientiert sich an den individuellen Wünschen und kann einzeln an der Leuchte zu- und abgeschaltet werden.Je nach Nutzung, Betriebszeit und Tageslichteintrag werden die vordefinierten Lichtszenen automatisiert oder bei Veranstaltungen manuell aktiviert. Sanfte Szenenübergänge garantieren nicht wahrnehmbare Lichtszenenwechsel. Das nächtliche Erscheinungsbild und die Fernwirkung des Gebäudes sowie das Zusammenspiel von Innen und Außen sind in den vordefinierten Lichtszenen berücksichtigt worden.Das technologiebeständige Lichtkonzept beruht auf einheitlichen modularen Leuchtenfamilien und einer minimierten Leuchtenvielfalt. Im Sinne eines nachhaltig günstigen und unterhaltsfreundlichen Betriebs sind vorwiegend hochwertige erprobte Standardprodukte eingebracht worden. Die gewählten Leuchten garantieren einen hohen Sehkomfort und ermöglichen die nächtliche Sicht nach außen sowie eine visuelle Raumerweiterung. Durch die bewusste Lichtszene, Lichtintegrierung, Leuchtenwahl, -platzierung und -form wird zudem der Raum strukturiert.5.4Energieeffizienz und NachhaltigkeitDen Themen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Einsatz nachwachsender Rohstoffe wurde Rechnung getragen. Sämtliche Räume sind durch bedarfsorientiert geplante Sonnenschutzbehänge wirkungsvoll gegen einen solaren Wärmeeintrag geschützt, während gleichzeitig im oberen Bereich eine Lichtlenkung erfolgt und im unteren Bereich des visuellen Blickfelds die Durchsicht durch die Mikro-Perforierung gewahrt bleibt. Die Größe der geschlossenen und transparenten Fassadenanteile eines jeden Büroraumes wurde, abhängig von der Personenbelegung, der Beleuchtung, der Belegung von Wärme emittierenden Geräten und der Himmelsrichtung studiert und komforttechnisch überprüft.Abb. 17:Erdkälteregister bei Bauarbeiten (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Besonders die Implementierung der Nachtauskühlung für eine Räumlichkeit vom Ausmaß des großen Lesesaales – an sehr warmen Tagen können in den Nachtstunden zahlreiche Öffnungen in der Fassade und im Dach geöffnet werden, um mit der durchstreifenden Luft die Wände und Decken im Inneren für den folgenden Tag herunterzukühlen – macht aus dem Neubau einen wahren Pionier der Energieeffizienz.Highlight: NachtauskühlungDie Kühlung der Bibliothek, mit Ausnahme der Magazine, erfolgt über hybride Rückkühler mit hoher Grädigkeit für ein maximales Free Cooling über die Außenluft. Dadurch kann die Bibliothek während 95 % der Kühlperiode mit erneuerbarer Energie gekühlt werden. Für die Spitzenlastabdeckung, wenn das Außenklima für die Rückkühlwerke zu warm und zu feucht ist, kommt ein Erdkältespeicher zum Einsatz. Das Erdkälteregister umfasst eine Fläche von rund 6 000 m2 und ist unter der Bodenplatte des Gebäudes verlegt.An warmen, schwülen Sommertagen wird die Zuluft durch resorptive Trocknung mittels Abwärme aus dem Fernwärmenetz entfeuchtet. Auf eine Kondensationsentfeuchtung wurde aus energetischen Gründen bewusst verzichtet. Somit funktioniert die Klimatisierung der Bibliothek ohne jegliche Kältemaschine. Hiervon ausgenommen ist der speziell behandelte Magazinbereich.Abb. 18:Bau des Dachtragwerkes aus nachwachsendem Rohstoff: Holz (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Das Heizungsnetz ist als Niedertemperatursystem konzipiert. Hochtemperaturverbraucher bilden die Ausnahme und beschränken sich auf die DEC-Luftaufbereitung. Die Rücklauftemperatur des Heizungsnetzes ist so tief, dass damit die Elektro- und Serverräume gekühlt werden können. Die Abwärme der IT-Racks wird dadurch direkt und zu 100 % zur Gebäudeheizung genutzt. Die Restwärmedeckung erfolgt mittels Fernwärme.Wie bei den meisten Neubauten besteht mit Ausnahme des großen Lesesaaldaches das Tragwerk der neuen Nationalbibliothek aus Stahlbeton. Beton ist als thermische Speichermasse sehr wirksam und ist daher in vielen Bereichen der Bibliothek auch einfach sichtbar belassen, sei es in den Verwaltungsräumen, den Werkstätten, den Treppenhäusern und den Fluren. Als Kompensation für die gewisse „Rauheit“ des Betons, der vielfach Spuren seiner Herstellung bis hin zu (eigentlich untersagten) Skizzen der Bauarbeiter zeigt, wurden weiße Wände, Holzelemente in Fenstern und Türen, kräftige Farben im Bodenbelag und bei der Möblierung eingesetzt.Auch in den öffentlichen Bereichen und im Lesesaal wird das Tragwerk aus Beton hin und wieder sichtbar. Jedoch wurden möglichst viele Flächen schallabsorbierend ausgebildet, um die Anforderungen an die Raumakustik erfüllen zu können. Zu diesem Zweck wurde ein gelochter, weiß emaillierter Ziegel eigens in Auftrag gegeben, der sowohl schallabsorbierend als auch unterstützend als zusätzliche Speichermasse für das thermische Komfortkonzept in Verbindung mit der nächtlichen Luftkühlung wirksam ist und sich wie eine zweite Haut vor die Betonwände legt. Durch gezielte Zusammenarbeit im interdisziplinären Planungsteam und in Abstimmung aller Komponenten wie Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, kontextuelle Anpassung, transparente Offenheit, Repräsentation und Nachhaltigkeit wurde eine Lösung gefunden, die dem Ziel diente, ein nachhaltiges und dauerhaft gut funktionierendes Gebäude mit hoher Flexibilität zu verwirklichen. Im Sinne einer nachhaltigen Gesamtplanung wurden passive bauliche Lösungen vor technische Lösungen gestellt, damit Energie-, Unterhalts- und Wartungskosten verringert und optimaler Raumkomfort nachhaltig gewahrt werden.Abb. 19:Der Rohbau (Foto: Marcel Strainchamps/Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)6Bauliche Facts and FiguresFläche des Standortes: ca. 1,6 haBodenfläche: 7 950 m2Hauptnutzfläche: ca. 24 000 m2Nutzfläche gesamt (einschließlich technischer Bereiche, Parkhaus): ca. 35 300 m2Bruttogeschossfläche insgesamt: 38 200 m²Eingang und Empfang: 2 220 m²Lesesaal: 6 332 m²Magazine: 11 800 m²Büros und interne Räume: 1 772 m²Bruttobauvolumen: 171 600 m³Projektkosten: 111 Mio. € (inkl. MwSt.) http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png ABI Technik de Gruyter

Nationalbibliothek Luxemburg – ein ambitioniertes Bauprojekt

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de Gruyter
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© 2022 Julia Bolles-Wilson, Christine Kremer und Peter L. Wilson, publiziert von De Gruyter.
ISSN
2191-4664
eISSN
2191-4664
DOI
10.1515/abitech-2022-0002
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Abstract

1EinleitungDie Nationalbibliothek Luxemburg (Bibliothèque nationale du Luxembourg, BnL) ist die wichtigste Patrimonial-, Wissenschafts- und Forschungsbibliothek Luxemburgs. Sie sammelt und bewahrt alle in Luxemburg erschienenen analogen und digitalen Publikationen sowie im Ausland veröffentlichten Werke mit Bezug zum Großherzogtum. Als Wissenschafts- und Forschungsbibliothek hat sie den Anspruch einer Fachbibliothek: Etwa drei Viertel ihres Druckbestands stammen aus dem Ausland und decken zahlreiche Wissensgebiete ab, um so den Erwartungen der Benutzer so weit wie möglich entsprechen zu können.QR Code auf Präsentationsvideo auf Deutsch: https://www.youtube.com/watch?v=ZvSuFGSUEWM. Weitere Informationen und Erläuterungen über das neue Gebäude der Nationalbibliothek Luxemburg kann man online nachlesen: https://bnl.public.lu/fr/publications/presentation-bnl/nbnl.html (22.11.2021).1798 wurde die „Bibliothèque de l’École centrale“ von der französischen Regierung auf der Grundlage der Verwaltungsentscheidungen des 15. April und 29. Juni 1798 gegründet. 1899 wurde sie im Budgetgesetz offiziell „Bibliothèque de Luxembourg“ genannt. 1958 wurde das erste Rahmengesetz für die Nationalbibliothek verabschiedet, der Umzug ins alte Athenäum wurde beschlossen sowie die Pflichtabgabe eingeführt.Ab 1973 war die BnL im renovierten ehemaligen Athenäum neben der Kathedrale Notre-Dame am Boulevard Roosevelt in der Hauptstadt untergebracht. Nur zehn Jahre später war sie bereits zu klein: Die Lesesäle, die nach dem Vorbild klassischer wissenschaftlicher Bibliotheken gestaltet waren, boten nicht genügend Arbeitstische und es fehlte an Regalfläche für Bücher.Abb. 1:Foto-Postkarte 17314r, altes Gebäude (Unbekannter Künstler)Das Projekt zum Bau der neuen Nationalbibliothek war ein langwieriges Unterfangen, das mit dem Gesetz vom 18. April 2013, das den Bau eines neuen Gebäudes für die BnL genehmigte, zu einem glücklichen Ende kam. Alle Magazine, die durch Platzmangel jahrelang über mehrere Standorte verstreut waren, konnten nunmehr an einem einzigen Standort vereint werden. Das neue Gebäude sollte den funktionalen Anforderungen an eine Nationalbibliothek des 21. Jahrhunderts entsprechen und die bestmögliche Umgebung für Sammlungen, Benutzerinnen und Benutzer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten.Abb. 2:BnL Längsschnitt, BOLLES+WILSON GmbH & Co. KG2Aktueller StandortDie Bibliothek befindet sich in einer Schnittstelle zwischen dem Stadtteil Neudorf und dem zentralen Kirchbergpark in Luxembourg-Stadt. In unmittelbarer Nähe befinden sich Einkaufszentren, ein Multiplex-Kino, zahlreiche Finanz- und Treuhandgesellschaften, Wohnungen sowie die Europaschule, die Universität und das Sportzentrum Coque. Eine Straßenbahnhaltestelle direkt vor dem Gebäude schließt die Bibliothek an das öffentliche Verkehrsnetz an.Hin zur Hauptverkehrsader, dem Boulevard Konrad Adenauer, ist das Gebäude deutlich nach hinten versetzt und schließt seitlich mit einer Grünfläche mit Bäumen und Bänken ab.3Stichdaten des BausApril 2013: Gesetzentwurf für den NeubauJuni 2014: Erster SpatenstichMärz 2015: Anfang der RohbauarbeitenJanuar 2017: Anfang der TechnikinstallationenJuni 2017: Anfang der AusbauarbeitenApril 2019–August 2019: Umzug der Sammlungen30. September 2019: Eröffnung4Grundprinzipien des GebäudekonzeptesDas neue Bibliotheksgebäude folgt einigen Grundprinzipien, die während des Planungsprozesses nie aus den Augen verloren wurden:Transparenz: die Benutzung der Bibliothek soll intuitiv und offen sein, um Benutzerinnen und Benutzern das Auffinden und die Nutzung zahlreicher Ressourcen zu erleichtern.kurze Wege und optimierte Workflows: Dieser doppelte Grundsatz hat weitgehend die Gestaltung der Räumlichkeiten bestimmt.Flexibilität war ein weiteres Schlüsselwort in der Planung: Flexibilität der Nutzenden bei der Wahl der Lesemethoden. Flexibilität für die Zukunft: Da niemand mit Sicherheit vorhersagen kann, wie Bibliotheken in den kommenden Jahrzehnten funktionieren werden, hat sich die BnL darum bemüht, ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit zu garantieren. Der offene Raum und die Doppelböden des Lesesaals im zweiten und dritten Stockwerk ermöglichen umfangreiche Anpassungen an die Gestaltung des Lesesaals (Umgestaltung der Regale und Tische).5ArchitekturDie Architektur der neuen Nationalbibliothek sollte in erster Linie als eine großzügige räumliche Sequenz verstanden werden, von der Ankunft, über den Treppenanstieg entlang den Leseterrassen, die wie in einem Weinberg gestaltet sind, bis zum großen Lesesaal auf der dritten Ebene, von wo aus sich die gesamte innere landschaftliche Topographie der Bibliothek visuell erfassen lässt.Großformatige vorgefertigte Betonpaneele geben dem Gebäude seine monolithische Identität, eine betonte Solidität und eine körperhafte Präsenz, um die kulturelle Institution von den ephemeren gläsernen Bürotempeln, welche die Avenue J. F. Kennedy säumen, optisch abzusetzen.Abb. 3:Modell der Bibliotheque, BOLLES+WILSON (Foto: Marcel Strainchamps/Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 4:Weiß glasierte Akustikklinker und mikro-perforierte Holzpaneele für exzellente Schallabsorption (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Massive Leibungen aus weißen Betonfertigteilen haben die syntaktische Rolle, die Fenster und den gigantischen, konischen Eingangsausschnitt zu artikulieren. Durch den schräg geneigten Überhang des Daches ergibt sich ein großzügiges „Vordach“ als Witterungsschutz. Dem monumentalen Maßstab dieser Eingangsgeste lag die Idee zugrunde, Besucherinnen und Besucher direkt von der Tramhaltestelle über die transparente Eingangsfront in das Bibliotheksinnere hereinzulocken.Für die Farbigkeit und Materialität der Fassade wurden regionale und ortsspezifische Bezüge aufgenommen und thematisiert. So wurden die erkennbaren Variationen des Rottons der einzelnen Paneele für eine sinnliche räumliche Haptik allein durch unterschiedliche Oberflächenbehandlungen erzielt: wassergestrahlt, sandgestrahlt, säurebehandelt. Die verschiedenen Rottöne spielen zudem auf die Erzvorkommnisse in der Minette-Region und die Industriegeschichte Luxemburgs an.Die Front des neuen Cafés, das sowohl vom Foyer wie auch vom Vorplatz zugänglich ist, wird von Intarsien aus verschiedenfarbigen, geschliffenen Natursteinen gerahmt, welche einen soliden und haptischen Vorhang bilden. Die Gestaltung des Vorplatzes setzt sich ebenerdig und barrierefrei in das Foyer fort, Innen und Außen sind visuell fließend und niederschwellig miteinander verbunden.Gestaltet wie ein städtischer Platz aus umgebenden Wänden mit Fenstern, ist das Foyer Dreh- und Ausgangspunkt für viele Funktionen: Aufenthaltsort mit Informationstheke, Buchrückgabe, Eingang zum Lesesaal, Garderobe, WC, Café sowie Zutritt zum Konferenz-, Seminar- und Ausstellungsbereich über Aufzug oder eine spektakulär konstruierte, freistehende Treppe – eine mit warmem Eichenholz verkleidete Skulptur.Leichte Orientierungsmöglichkeiten und kurze Wege für Besucherinnen, Besucher und Personal waren oberstes Gebot für die Grundrissplanung. Die Architektur sollte selbsterklärend sein und die Besucherinnen und Besucher intuitiv durch die Leselandschaft führen.Anders als bei gestapelten Geschossen bietet das Raumkontinuum aus Lesesaal, Leseterrassen und seitlichen Galerien sowie dem Foyer größte Übersichtlichkeit und selbstverständliche Orientierung. Diese wird durch ein eigens für die Nationalbibliothek entworfenes Leitsystem ergänzt. Das Stecksystem aus modularen Schriftwürfeln, das immer wieder angepasst werden kann, erinnert konzeptuell an die Setzkastentechnologie des frühen Buchdrucks. Tafeln an den Außenwänden der Regalreihen weisen systematisch auf die jeweiligen Inhalte hin, während große Hinweistafeln an den Treppen und strategisch platzierte freistehende oder von der Decke abgehängte Wegweiser zu den einzelnen Abteilungen, aber auch zu wichtigen Punkten wie Ausleihe, Rückgabe, Auskunft, zu sämtlichen weiteren an den Lesebereich angedockten öffentlichen Räumlichkeiten sowie zu den Sanitärbereichen, Aufzügen und Fluchttreppen führen.Abb. 5:Großzügige Lese- und Arbeitsplätze (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 6:Blick zum Eingang (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 7:Die Hausecke bildet einen Turm (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 8:Wegweiser im Stecksystem (Foto: Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)Im Foyer führen Wegweiser zu den Räumen, die auch unabhängig von den Öffnungszeiten des Lesebereiches betrieben werden können: Garderoben, Sanitäranlagen und Café im Erdgeschoss, Ausstellungsraum im ersten sowie Konferenzzentrum im zweiten Obergeschoss.Der Ausstellungsraum hat aus konservatorischen Gründen kein Tageslicht. Sein Zuschnitt ist speziell winkelförmig, so dass die Ausstellungen in einer Art Schleife verfolgt werden können. Die technische Raumausstattung ist flexibel für variable Ausstellungskonzepte ausgelegt.Das Konferenzzentrum besteht aus einem großen in zwei Säle teilbaren Konferenzraum mit ca. 200 Sitzplätzen sowie vier Seminarräumen, davon einem mit ansteigenden Sitzreihen und zwei mit verglasten Öffnungen, die einen Blick in den Lesesaal ermöglichen.Abb. 9:Blick in die Ausstellung „BnL – autoportrait d’une bibliothèque“ (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)5.1InnenraumDas Gefühl von Komfort – thermisch, visuell und akustisch durch viel Tageslicht, optimierte Belüftung und thermische Behaglichkeit – wird wirkungsvoll unterstützt durch Materialien, Farben und die Möblierung des Innenraums. Die Leseterrassen sind mit Eichenholzpaneelen verkleidet, viele mit einer kaum sichtbaren Mikroperforierung zur Optimierung der Akustikerfordernisse. Hölzerne Wände, Treppen, Einbauregale und Brüstungsarbeitsplätze, die jede Leseterrasse begleiten, strahlen eine warme Materialität aus.Der flächendeckend dunkelblaue Teppichboden unterstützt die angemessen absorbierende Raumakustik – weiß selbstleuchtende Regale „schwimmen“ auf diesem See aus blauer Farbe. Ihr Sockel ist ebenso blau und dient gleichzeitig als Lüftungsauslass.Ein weißes, weitgespanntes Dach schwebt wie eine niedrig hängende Wolke über dem Lesesaal. Seine Unterseite wird durch nach Norden orientierte dreieckige Oberlichter punktiert. Geometrische Paneele aus energetisch wirksamem PCM-Material und Gitterrosten erlauben Raumluftzirkulation zwischen den Trägern der gewaltigen laminierten Holzträgerkonstruktion, so dass auch diese als Speichermasse für die natürliche Nachtauskühlung genutzt wird.Im Herzen der Bibliothek befindet sich der leuchtend rot gestaltete Rara- und Handschriftenlesesaal zur Konsultation besonders wertvoller Dokumente. Er verfügt zum Schutz der Bücher über ein eigenes Raumklima. Carrels als Arbeitsräume für kleine Gruppen sind in die Seitenmauern des Lesesaales eingebettet. Ihre teilweise kurvigen Wände wurden für ein offenes Raumgefühl in einem luftigen Himmelblau gestaltet.Tische sind generell in Weiß gehalten und mit verschiedenen Anschlüssen für elektronische Geräte ausgestattet. Stühle und Sessel zum Arbeiten und Lernen, zum bequemen Lesen und zum Relaxen folgen einem sorgfältig abgestimmten Farb- und Nutzungssystem. Sie unterstützen die Strategie, dass jeder und jede Einzelne seinen oder ihren idealen Platz finden soll, ob auf einem aufrechten Stuhl oder einem weichen Sessel, ob er lieber allein oder in Gesellschaft lesend, ob mit Blick in die Natur oder lieber am Rand der Leseterrassen mit einem weiten Blick in den Raum.5.2Besonderheiten des BausDas Besondere am Bau der neuen Nationalbibliothek sind die Choreografie und der Charakter der Räume im Inneren. Sie sind als eine Folge von Atmosphären entworfen, die sich offenbaren, während eine Nutzerin oder ein Nutzer die Regale oder die Leseebenen erforscht. Dies ist kein Gebäude, das sich mit einem einzigen strukturierenden Prinzip erklärt, vielmehr ist es ein reichhaltiges „Menü“, das erst bei mehreren Besuchen in seinem ganzen Ausmaß erfahren wird. Das Menü besteht in erster Linie aus einzelnen Stationen, den Orten, wo eine Bibliotheksbesucherin oder ein -besucher sitzt, um ein spezielles Buch zu studieren, und ab und zu die Augen wandern lässt, um das Panorama dieses choreografierten Interieurs zu scannen.Abb. 10:Blick auf die Leseterrassen und den Speziallesesaal (rot) (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Highlight: Transparenz des LesesaalsAuf den ersten Blick kann man den gesamten Raum erfassen: rechts, den abgesenkten Lesebereich mit der breiten Rampe, den halbhohen Regalen und den ähnlich einer Blumenwiese angeordneten Leuchten, links die lange weiße Informationstheke, geradeaus die große Haupttreppe, die sämtliche Bereiche mit Informationstheken, Bücherregalen und Leseplätzen verbindet. Die Leseplätze sind einerseits entlang der Fassade angeordnet, je nach Ausrichtung mit Blicken nach außen auf die Dachterrasse und zum jenseitig gelegenen Landschaftsrücken des Park Grünewald oder zum seitlichen Grünbereich.Andererseits befinden sich Lesemöglichkeiten zwischen den Regalreihen oder an den Brüstungen der Leseterrassen. Alle können für sich einen Platz finden – zurückgezogen und intim oder exponiert und mitten im Geschehen. Es gibt Arbeitsplätze mit und ohne Computer, für Einzelpersonen oder Gruppen sowie Carrels, einzelne akustisch isolierte Räume zum konzentrierten Arbeiten für 4–6 Personen.Die große Anzahl an Regalen erlaubt der Nationalbibliothek ein Maximum von bis zu ca. 210 000 Dokumenten direkt zugänglich zu machen. Die Regalreihen sind grundsätzlich so angeordnet, dass sie die leichte Orientierung unterstützen, die der große zusammenhängende Bibliotheksraum bietet. Wie in einer Stadt gibt es breitere und schmalere „Straßen“ und kleinere oder größere, manchmal überraschende Aufweitungen zu „Plätzen“ zum Lesen und Lernen. Die voranschreitende Digitalisierung bedeutete nicht nur technologisch, sondern auch inhaltlich eine große Herausforderung an die Planung der Bibliothek. Es war daher essenziell, zukünftigen Entwicklungen durch eine möglichst hohe geplante Flexibilität Raum zu geben. Aufgrund der rasanten digitalen Entwicklung wurden im Laufe des Ausführungsprozesses nachträglich eine Vielzahl an Wifi-Antennen an den Regalen, in den abgehängten Decken und an der Fassade angebracht.Abb. 11:Großer Stützenkopf (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 12:Carrel und Lesetisch für Gruppenarbeit (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Die Magazine sind streng funktional geplant. Gepuffert durch ein umlaufendes Gangsystem sind sie klimatisch gegenüber dem Rest des Gebäudes und dem Außenraum abgeschottet und weitestgehend vom Außenklima abgekoppelt. Konstante Luftfeuchte und Temperatur garantieren den langfristigen Erhalt der teils wertvollen Bestände.Highlight: BrandschutzkonzeptDas umgesetzte Brandschutzkonzept zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Statt aufwändiger Technik wurde hier eine sinnvolle Kombination aus baulichen und technischen sowie auch organisatorischen Maßnahmen gewählt. Die fünf Magazingeschosse wurden in jeweils 11 Kompartimente unterteilt, um einen eventuellen Brand auf eine Fläche von ca. 200 m2 zu begrenzen, ohne dass dieser auf andere Kompartimente übergreifen kann. Des Weiteren wurden zur Reduzierung der Brandentstehung alle kritischen technischen Komponenten in den Flurbereich verlegt. Zusätzlich wurden die Installationen so eingerichtet, dass sich die Beleuchtung sowie die Steckdosen erst anschalten lassen, wenn der Raum durch die elektronische Zugangskontrolle entsperrt wird.5.3LichtkonzeptDie Lichtplanung stellte eine große Herausforderung dar. Da das große Dach über dem Lesesaal aus Holz gebaut ist und aus Brandschutzgründen keine Beleuchtungsinstallation und auch sonst keine Führung von Lüftungskanälen in der riesigen Decke des Lesesaales möglich waren, musste die gesamte haustechnische Installation grundsätzlich von unten aus dem Doppelboden erfolgen.Die Beleuchtung der einzelnen Regalfachböden der Metallregale, die Ausleger an den Einbauregalen aus Holz, die weißen Glasleuchten auf den Regalen, die treppenbegleitende Handlaufbeleuchtung bis hin zu den Lesetischleuchten wurden gemeinsam mit Leuchtenherstellern speziell für die Nationalbibliothek entwickelt und produziert. Architektur und Licht werden so zu einem großen Ganzen geformt. In Zusammenarbeit mit Lichtarchitekt Walter Moggio haben BOLLES+WILSON die Tages- und Kunstlichtplanung zu einem technologiebeständig präzisen Lichtkonzept erarbeitet, das flexibel die zukünftigen Layoutänderungen mit digitalen Anpassungen aufnehmen kann.Betrachtungspositionen und -winkel sowie Leuchtenhöhen bestimmen die räumliche Tiefe und beeinflussen die Wahrnehmung. Die intendierte Überschaubarkeit bestimmt das Verständnis für den architektonischen Raum. Um Aufmerksamkeit zu wecken, wird das subjektive Helligkeitsempfinden im Blickfeld bewusst erhöht, ohne die menschliche Wahrnehmungshierarchie zu stören. Die behutsam und mit zurückhaltender Selbstverständlichkeit abgestimmte raumübergreifende szenische Beleuchtung taucht den Innen- und Außenraum in ein einladendes Licht ein.Abb. 13:Offener Lese- und Lern-Raum zur Grünanlage (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 14:Unterste Ebene: die „Blumenwiese“ (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 15:Die oberste Ebene mit Blick auf die Außenterrasse (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Abb. 16:Die Straßen zwischen Regalen (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Auf Grund der optimierten Tageslichtnutzung kann das Kunstlicht sich dem kostenlosen Tageslicht im Sinne eines ausgeprägten ökologischen und ästhetischen Bewusstseins unterordnen. Die überdurchschnittlich hohe Tageslichtautonomie im terrassierten Leseatrium durch die nach Norden ausgerichteten Oberlichter wirkt harmonisch im Zusammenhang mit dem Kunstlicht. Dieses Zusammenspiel von Tages- und Kunstlicht bringt zudem einen wertvollen Beitrag zur Energiediskussion und Baukultur.Fein abgestimmte Leuchten mit neuester LED-Technologie bespielen Boden, Wand und Decke: direktes und indirektes Licht in einer einträchtigen Komposition, immer unter Einbezug des reflektierenden Lichtes der Oberflächen und des „bewegten“ Tageslichts. Das Auge nimmt ohne Direkt- oder Reflexblendungen die feinen Helligkeitsunterschiede und Beschaffenheiten der Oberflächen wahr. Der Raum wirkt freundlich und einladend und lädt zum Verweilen ein. Die Übergänge sind fließend, ohne visuelle Störungen: von der großzügigen Eingangshalle bis hoch zur obersten Lese-Etage.Ein automatisiertes szenisches Licht veredelt die Raumstimmung: poetisch, stimmungsmäßig, ästhetisch, beeinflusst substanziell die Energieeffizienz und schafft eine hohe Betriebs- und Unterhaltsfreundlichkeit. Es erfüllt die Nutzerbedürfnisse, leitet, unterstützt und verbindet Räume, Raumfolge, Farbe, Struktur und Oberfläche. Art, Helligkeit, Position und Verdichtung der Leuchten erzielen die jeweilige gewünschte Atmosphäre sowie das Lichtniveau.Highlight: RegallichterEine besondere Aufmerksamkeit wurde dem Regal- und dem Leselicht geschenkt. Das Regal bildet ein wichtiges wiederkehrendes Raumelement und übernimmt auch die Aufgabe der Allgemeinbeleuchtung. Das Leselicht – als klassisches Bibliothekselement – orientiert sich an den individuellen Wünschen und kann einzeln an der Leuchte zu- und abgeschaltet werden.Je nach Nutzung, Betriebszeit und Tageslichteintrag werden die vordefinierten Lichtszenen automatisiert oder bei Veranstaltungen manuell aktiviert. Sanfte Szenenübergänge garantieren nicht wahrnehmbare Lichtszenenwechsel. Das nächtliche Erscheinungsbild und die Fernwirkung des Gebäudes sowie das Zusammenspiel von Innen und Außen sind in den vordefinierten Lichtszenen berücksichtigt worden.Das technologiebeständige Lichtkonzept beruht auf einheitlichen modularen Leuchtenfamilien und einer minimierten Leuchtenvielfalt. Im Sinne eines nachhaltig günstigen und unterhaltsfreundlichen Betriebs sind vorwiegend hochwertige erprobte Standardprodukte eingebracht worden. Die gewählten Leuchten garantieren einen hohen Sehkomfort und ermöglichen die nächtliche Sicht nach außen sowie eine visuelle Raumerweiterung. Durch die bewusste Lichtszene, Lichtintegrierung, Leuchtenwahl, -platzierung und -form wird zudem der Raum strukturiert.5.4Energieeffizienz und NachhaltigkeitDen Themen Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Einsatz nachwachsender Rohstoffe wurde Rechnung getragen. Sämtliche Räume sind durch bedarfsorientiert geplante Sonnenschutzbehänge wirkungsvoll gegen einen solaren Wärmeeintrag geschützt, während gleichzeitig im oberen Bereich eine Lichtlenkung erfolgt und im unteren Bereich des visuellen Blickfelds die Durchsicht durch die Mikro-Perforierung gewahrt bleibt. Die Größe der geschlossenen und transparenten Fassadenanteile eines jeden Büroraumes wurde, abhängig von der Personenbelegung, der Beleuchtung, der Belegung von Wärme emittierenden Geräten und der Himmelsrichtung studiert und komforttechnisch überprüft.Abb. 17:Erdkälteregister bei Bauarbeiten (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Besonders die Implementierung der Nachtauskühlung für eine Räumlichkeit vom Ausmaß des großen Lesesaales – an sehr warmen Tagen können in den Nachtstunden zahlreiche Öffnungen in der Fassade und im Dach geöffnet werden, um mit der durchstreifenden Luft die Wände und Decken im Inneren für den folgenden Tag herunterzukühlen – macht aus dem Neubau einen wahren Pionier der Energieeffizienz.Highlight: NachtauskühlungDie Kühlung der Bibliothek, mit Ausnahme der Magazine, erfolgt über hybride Rückkühler mit hoher Grädigkeit für ein maximales Free Cooling über die Außenluft. Dadurch kann die Bibliothek während 95 % der Kühlperiode mit erneuerbarer Energie gekühlt werden. Für die Spitzenlastabdeckung, wenn das Außenklima für die Rückkühlwerke zu warm und zu feucht ist, kommt ein Erdkältespeicher zum Einsatz. Das Erdkälteregister umfasst eine Fläche von rund 6 000 m2 und ist unter der Bodenplatte des Gebäudes verlegt.An warmen, schwülen Sommertagen wird die Zuluft durch resorptive Trocknung mittels Abwärme aus dem Fernwärmenetz entfeuchtet. Auf eine Kondensationsentfeuchtung wurde aus energetischen Gründen bewusst verzichtet. Somit funktioniert die Klimatisierung der Bibliothek ohne jegliche Kältemaschine. Hiervon ausgenommen ist der speziell behandelte Magazinbereich.Abb. 18:Bau des Dachtragwerkes aus nachwachsendem Rohstoff: Holz (Foto: Marcel Strainchamps – Nationalbibliothek Luxemburg)Das Heizungsnetz ist als Niedertemperatursystem konzipiert. Hochtemperaturverbraucher bilden die Ausnahme und beschränken sich auf die DEC-Luftaufbereitung. Die Rücklauftemperatur des Heizungsnetzes ist so tief, dass damit die Elektro- und Serverräume gekühlt werden können. Die Abwärme der IT-Racks wird dadurch direkt und zu 100 % zur Gebäudeheizung genutzt. Die Restwärmedeckung erfolgt mittels Fernwärme.Wie bei den meisten Neubauten besteht mit Ausnahme des großen Lesesaaldaches das Tragwerk der neuen Nationalbibliothek aus Stahlbeton. Beton ist als thermische Speichermasse sehr wirksam und ist daher in vielen Bereichen der Bibliothek auch einfach sichtbar belassen, sei es in den Verwaltungsräumen, den Werkstätten, den Treppenhäusern und den Fluren. Als Kompensation für die gewisse „Rauheit“ des Betons, der vielfach Spuren seiner Herstellung bis hin zu (eigentlich untersagten) Skizzen der Bauarbeiter zeigt, wurden weiße Wände, Holzelemente in Fenstern und Türen, kräftige Farben im Bodenbelag und bei der Möblierung eingesetzt.Auch in den öffentlichen Bereichen und im Lesesaal wird das Tragwerk aus Beton hin und wieder sichtbar. Jedoch wurden möglichst viele Flächen schallabsorbierend ausgebildet, um die Anforderungen an die Raumakustik erfüllen zu können. Zu diesem Zweck wurde ein gelochter, weiß emaillierter Ziegel eigens in Auftrag gegeben, der sowohl schallabsorbierend als auch unterstützend als zusätzliche Speichermasse für das thermische Komfortkonzept in Verbindung mit der nächtlichen Luftkühlung wirksam ist und sich wie eine zweite Haut vor die Betonwände legt. Durch gezielte Zusammenarbeit im interdisziplinären Planungsteam und in Abstimmung aller Komponenten wie Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, kontextuelle Anpassung, transparente Offenheit, Repräsentation und Nachhaltigkeit wurde eine Lösung gefunden, die dem Ziel diente, ein nachhaltiges und dauerhaft gut funktionierendes Gebäude mit hoher Flexibilität zu verwirklichen. Im Sinne einer nachhaltigen Gesamtplanung wurden passive bauliche Lösungen vor technische Lösungen gestellt, damit Energie-, Unterhalts- und Wartungskosten verringert und optimaler Raumkomfort nachhaltig gewahrt werden.Abb. 19:Der Rohbau (Foto: Marcel Strainchamps/Sven Muhlen – Nationalbibliothek Luxemburg)6Bauliche Facts and FiguresFläche des Standortes: ca. 1,6 haBodenfläche: 7 950 m2Hauptnutzfläche: ca. 24 000 m2Nutzfläche gesamt (einschließlich technischer Bereiche, Parkhaus): ca. 35 300 m2Bruttogeschossfläche insgesamt: 38 200 m²Eingang und Empfang: 2 220 m²Lesesaal: 6 332 m²Magazine: 11 800 m²Büros und interne Räume: 1 772 m²Bruttobauvolumen: 171 600 m³Projektkosten: 111 Mio. € (inkl. MwSt.)

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ABI Technikde Gruyter

Published: Feb 1, 2022

Keywords: Bibliothek; Architektur; Luxemburg; Library; Architecture; Luxembourg

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